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Zur Forschungsgeschichte

Ganz im Gegensatz zum angelsächsischen Sprachraum, in dem der Einsatz ethnographischer Methoden in der Organisationsberatung eine bis in die 1940er Jahre zurück reichende Tradition aufweist, finden sich im deutschsprachigen Raum zum Thema Organisationsberatung durch Ethnographie erst in jüngster Zeit erste Publikationen. Die in den USA bereits sehr früh einsetzende Beratungspraxis wurde von einer großen Zahl wissenschaftlicher Ethnographien von Organisationen in der US-Amerikanischen Cultural Anthropology, den Folklore Sudies und in der britischen Social Anthropology begleitet.

In der deutschsprachigen Volkskunde mit ihrer bedeutenden methodischen und theoretischen Erfahrung in der Ethnographie hingegen standen bis in die 1970er Jahre hinein in der Erforschung der Arbeitswelt historische Studien im landwirtschaftlichen oder handwerklichen Sektor im Vordergrund; überwiegend handelte es sich dabei um Analysen kleinteiliger Arbeitseinheiten. So entstand ein Wissenskorpus zum historischen Zusammenhang von Artefakten, Techniken und Lebensbedingungen auf der einen Seite und den damit einhergehenden "Sitten und Bräuchen" bei Bauern und Handwerkern auf der anderen Seite. Forderungen wie die von Richard Weiss - "Aufgabe der Gegenwartsvolkskunde wäre es jetzt, die brauchmäßigen Lebensformen des Arbeitertums zu fassen" - verhallten dagegen, sieht man von den wenigen Pionierarbeiten ab, lange Zeit ungehört.

Seit den 1970er Jahren setzte in der Volkskunde eine breitere Tendenz zur Analyse größerer Betriebe und Organisationen ein, die in der volkskundlichen Arbeiterkulturforschung ihren ersten Höhepunkt fand. Auch wenn ein Großteil der Arbeiterkulturforschung sich überwiegend mit den historischen Lebensbedingungen der Arbeiter Ende des letzten und Anfang dieses Jahrhunderts, vor allem jedoch mit der Arbeiterfreizeitkultur und der Arbeiterbewegungskultur beschäftigte, spielte die industrielle Arbeitswelt bei der Analyse der Genese von sozialen Milieus und umgekehrt die Rückwirkung dieser Milieus auf den industriellen Arbeitsalltag eine große Rolle. Der oft beschworenen Diagnose eines "Endes der Arbeitskultur" wurde in zahlreichen Studien materialreich widersprochen; aus dieser empirisch gesättigten Perspektive erschien es - trotz der modischen Rede vom "Ende der Arbeitsgesellschaft" nach wie vor sinnvoll, Arbeit, Identität und Lebensstil miteinander in Bezug zu setzen.

Gleichzeitig wurde die bisherige Engführung der Forschung auf Arbeiter- und Unterschichtenforschung aufgegeben und zunehmend - mit dem Ruf nach einem verstärkten "research up!" - auch Angestelltenmilieus in den Forschungsbereich aufgenommen; neben die Arbeiterkulturforschung gesellte sich damit in den letzten 10 Jahren auch eine, allerdings überwiegend historisch ausgerichtete, Angestelltenkulturforschung.

Die Ethnographie des Innenlebens der Organisation spielte in diesen überwiegend historisch ausgerichtete Forschungen allerdings noch keine zentrale Rolle. Dies änderte sich erst in den vergangenen zehn Jahren, in denen die Volkskunde ihre ethnographische Erfahrung auch für die Beschreibung und Interpretation der Arbeitsprozesse selbst einsetzte. Bezugspunkte dieser Entwicklung waren dabei nicht nur die traditionsreiche Arbeiterkulturforschung der Volkskunde, deren Fragen weiter entwickelt wurden, sondern auch die Auseinandersetzung mit der Unternehmenskultur-"Mode" in der Wirtschaft, die Rezeption der einschlägigen US-amerikanischen Forschung und einzelne, in ihren jeweiligen Zusammenhängen solitär stehende Ethnographien in deutscher Sprache. Diese Reorientierung fand ihren Ausdruck schließlich 1998 auch darin, daß aus der ehemaligen Sektion "Arbeiterkultur" der Deutschen Gesellschaft für Volkskunde die neue Sektion "Arbeitskulturen" entstand.

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