erna.szabo@iim.uni-linz.ac.at
Beratung und Ethnographie in ihrer traditionellen Ausprägung scheinen durch Gegensatzpaare gekennzeichnet zu sein, mit Wissenstransfer von der Beratungsseite in Richtung Organisation im ersten Fall, und Wissenstransfer in Richtung der ForscherInnen im zweiten Fall. Anhand von Beispielen aus einer eigenen ethnographischen Studie wird aufgezeigt, daß Ethnographie häufig auch implizite Beratungstätigkeit leistet. Parallel dazu wird argumentiert, daß Beratung, wenn sie auf die Bedeutungssysteme der Menschen in der Organisation Rücksicht nehmen will, implizit auf Prinzipien aufbaut, die in der Ethnographie von zentraler Bedeutung sind. Der anschließende Abschnitt des Artikels thematisiert das Bewußtmachen und gezielte Einsetzen dieser implizit vorhandenen Abläufe, wiederum anhand eines eigenen Forschungsprojektes.
Zu Beginn möchte ich einige kurze Worte zu meiner eigenen Person erwähnen. Ich war selbst in der Beratungsbranche tätig, bevor ich vor sieben Jahren eine Assistentinnenstelle am Institut für Internationale Managementstudien an der Johannes Kepler Universität in Linz antrat. Mein Forschungsinteresse bezieht sich auf Fragen der Organisationskultur und somit "auf das Innenleben von Organisationen" in der Terminologie dieser Tagung, und in jüngster Zeit zunehmend auch auf Fragen des interkulturellen Managements. Zur Erforschung beider Themenbereiche setze ich qualitative und insbesondere ethnographische Methoden ein. Diese Fokussierung wurde mir – als Betriebswirtschafterin – möglich gemacht durch eine intensive "Lernphase" im Zuge eines gemeinsamen Forschungsprojektes mit dem amerikanischen Anthropologen Michael H. Agar ("The Professional Stranger", 1996).
Auf den ersten Blick scheinen Beratung und Ethnographie, zumindest in ihrer traditionellen Ausprägung, durch Gegensatzpaare gekennzeichnet zu sein:
Beratung | Ethnographie | |
Ziel | Veränderung eines Istzustandes in Richtung eines Sollzustandes mittels Intervention | Beobachtung, Deskription und Interpretation eines Istzustandes |
Prinzip | "Theorie"-gestützt (Anwenden von Bewährtem) | "Feld"-gestützt (Erforschen von Unbekanntem) |
Aufwand und Ergebnis | Zeiteffizient, nicht immer treffsicher | Zeitaufwendig, "Thick Description" (Geertz, 1973) |
Wissenstransfer | In Richtung Organisation | In Richtung ForscherIn |
Abbildung 1: Traditionelle Beratung und Ethnographie im Vergleich
Im Kontext dieses Artikels scheint mir insbesondere der letzte Punkt erwähnenswert, der Wissenstransfer. Im metaphorischen Sinne könnte man diesen gewollten Wissenstranfer mit einer Straße vergleichen, auf der LKWs, mit Wissen beladen, entlangrollen. Im Zuge von Beratung wird der Organisation Wissen "zugeführt", während im Rahmen einer ethnographischen Studie die ForscherInnen Wissen von der Organisation "abholen". Wir haben es also in beiden Fällen mit Einbahnstraßen zu tun, mit entgegengesetzten Fahrtrichtungen allerdings.
Die Frage, die sich stellt, ist, ob es sich wirklich um Einbahnstraßen handelt und handeln muß, oder ob nicht implizit in jeder Beratungssituation und in jeder ethnographischen Studie auch Wissenstransfer in die Gegenrichtung erfolgt. Ziel dieses Artikels ist es anhand eigener Beispiele aufzuzeigen, daß ethnographische ForscherInnen implizite Beratungstätigkeit leisten, auch wenn das nicht intendiert ist, und daß Beratung, wenn sie das Innenleben der Organisation wirklich gut verstehen und gestalten will, implizit immer auch Elemente ethnographischer Forschung beinhaltet.
Den folgenden Ausführungen liegt eine ethnographische Studie zugrunde, die ich im Zuge meiner sozial- und wirtschaftswissenschaftlichen Dissertation (Szabo, 1998) durchführte. Ziel der Studie war es, die Komplexität kultureller Phänomene in Organisationen aufzuzeigen und ihre Anwendungsrelevanz zu veranschaulichen. Ausgehend von der Frage, welche Dynamiken die Organisationskultur eines Wiener Krankenhauses prägen, untersuchte ich, welche sozialen Gruppierungen die Organisation konstituieren, mit welchen Themen sich diese Gruppierungen befassen, in welcher Art und Weise sie interagieren und welchen Einfluß darauf die in der Organisation vorherrschenden Themen haben.
Ich führte ethnographische Interviews mit Organisationsmitgliedern in unterschiedlichen Funktionsbereichen und Hierarchieebenen durch. Weiters fanden mit Zustimmung der betroffenen Organisationsmitglieder einerseits formale Beobachtungen statt, z.B. von Sitzungen einzelner Gremien; zusätzlich wurden Beobachtungen informeller Art dokumentiert, z.B. über Verhaltensweisen der InterviewpartnerInnen vor und nach den Interviews. Darüber hinaus wurde eine Reihe von Dokumenten analysiert, diese umfaßten sowohl öffentliche als auch organisationsinterne Materialien, sowie im Haus erstellte und über das Haus erschienene Schriftstücke. Es handelte sich bei diesem Projekt explizit um eine rein wissenschaftliche Arbeit, nicht um ein Beratungsprojekt. Allerdings war von Anfang an großes Interesse seitens der Organisation an den Ergebnissen der Studie erkennbar.
Ohne hier auf die Ergebnisse der Studie näher eingehen zu wollen, zeigte das Projekt doch auch sehr klar auf, daß der Einsatz ethnographischer Methoden der Organisation und ihren Mitgliedern "einen Spiegel vorhielt", und zwar auf zwei Ebenen:
Ich möchte im folgenden unter Einbeziehung von Beispielen auf beide Aspekte näher eingehen.
Wissenserwerb/Lernen während des Prozesses
Ethnographie im organisationalen Kontext kann als fortlaufender Dialog zwischen den Mitgliedern der Organisation und den ForscherInnen verstanden werden. Der Dialog trägt zu einem beiderseitigen Wissens- und Erkenntniszuwachs bei: Neue Erklärungs- und Bedeutungsrahmen werden geschaffen, abgeändert oder verfeinert; Prinzipien und Muster, die spezifischen Handlungen zugrunde liegen, werden bewußt; eine Verknüpfung von Wissen, das in der Organisation "verstreut" ist, wird möglich gemacht.
Im konkreten Fall ergab es sich beispielsweise in Interviewsituationen häufig, daß GesprächspartnerInnen nicht nur vorgefaßte Meinungen wiedergaben oder Verhaltensweisen beschrieben, sondern in der direkten Interaktion die eigene soziale Realität erst konstruierten, indem sie beispielsweise Zusammenhänge erstmals herstellten oder Vergangenes neu interpretierten. Ich konnte mehrfach beobachten, daß meine Fragen einen Prozeß des Reflektierens und der Sinngebung initiierten. Außerdem schien es, daß InterviewpartnerInnen im Versuch, einer Außenstehenden erklären zu müssen, was jedem Organisationsmitglied selbstverständlich war, "gezwungen" waren ihre eigenen Annahmen zu überdenken oder sogar in Frage zu stellen. Zur Illustration möchte ich einen Ausschnitt aus einem mit einem Arzt geführten Interview zum Rahmenthema "Veränderungen im Krankenhaus" wiedergeben; die Darstellung erfolgt unter Einsatz von Transkriptionsrichtlinien.
Der folgende Gesprächsausschnitt entstammt einem Interview mit einem im Krankenhaus tätigen Arzt der internen Medizin. Der Interviewpartner hatte soeben berichtet, daß es jetzt, im Gegensatz zu vor acht Jahren, als er im Krankenhaus zu arbeiten begann, in Relation zu der Patientenzahl sehr viel mehr Ärzte gibt. Auf meine Frage, "Warum glauben Sie, ist das so?", antwortete er: "(LEISE) Weiß ich nicht. Weiß ich nicht, außer daß, daß, daß man auch (jetzt) arbeitsmäßig wirklich ausgelastet ist, also es, nehme ich an, ist einfach ein Mehr an Untersuchungen, das gemacht wird, und dann auch eine Zunahme der Methoden, die teilweise halt auch personalintensiv sind. (2) Und teilweise auch eine, ein, ein Nachgeben den, den Bedürfnissen, die damals einfach nicht + befriedigend geregelt waren, daß (es damals) einfach nicht mehr Leute gegeben hat und fertig. Und die Arbeit hat man halt dann, weiß nicht, wie viele Stunden pro Tag, de facto in der Freizeit gemacht. Also, war halt + damals eine effektive Unterbesetzung gewesen, der dann im Laufe der Zeit + Rechnung getragen worden ist. (5) [...]" |
Abbildung 2: Transkriptauszug eines Interviews mit einem Arzt
Zu Beginn der Aussage scheint der Interviewpartner keine Antwort auf die gestellte Frage zu wissen. Dann ist allerdings eine schrittweise Findung einer Erklärung zu erkennen. Der Arzt spricht verschiedene mögliche Gründe an, die sich teils auf die vergangene Situation, teils auf das Heute beziehen. Seine Argumentation entwickelt sich vom ursprünglichen "Weiß ich nicht" über "Und teilweise auch eine, ein, ein Nachgeben den, den Bedürfnissen" hin zu "war halt + damals eine effektive Unterbesetzung gewesen". Das abschließende Statement, gefolgt von einer langen Pause, läßt keine weiteren Zweifel darüber offen, daß der Interpretationsprozeß abgeschlossen ist. Hier wurde Wissen erworben.
Im Zuge der Studie führte ich Interviews mit Personen durch, die hinsichtlich Funktion, Hierarchieebene, Profession und religiöser Orientierung (es handelte sich um ein Ordenskrankenhaus) unterschiedlichste Zugehörigkeit besaßen. Wann immer es geeignet erschien, thematisierte ich, was ich von VertreterInnen anderer Gruppierungen innerhalb der Organisation erfahren hatte. Primär war dies Bestandteil meines eigenen Bestrebens Erklärungsrahmen zu finden (Wissenstransfer in meine Richtung), andererseits erleichterte es den Organisationsmitgliedern, an diesem Prozeß teilzunehmen und eine holistischere Sichtweise ihrer eigenen organisationalen Wirklichkeit zu erfahren (Wissenstransfer in Richtung der Organisationsmitglieder).
Es müssen allerdings nicht notwendigerweise immer neue Erkenntnisse sein, die für die Organisationsmitglieder durch ihre Teilnahme an einem ethnographischen Prozeß zutage treten. Es kann sich durchaus auch um die breitere Verknüpfung zunächst nur lokal vorhandenen Wissens handeln, um die Schaffung von Erklärungsmustern, die erst durch den Einbezug zuvor isoliert stehenden Wissens entstehen. Insbesondere die üblicherweise funktionen- und hierarchieebenenübergreifende Vorgangsweise ethnographischer Studien trägt dazu bei. Sowohl horizontaler (zwischen organisationalen Einheiten) als auch vertikaler (innerhalb der organisationalen Hierarchie) Wissenstransfer und somit organisationales Lernen (Huber, 1991; Easterby-Smith, 1997) werden gefördert.
Wissenserwerb/Lernen im Zuge des abschließenden Feedbacks
Zum Abschluß eines ethnographischen Projektes wird häufig eine Zusammenfassung der Ergebnisse an die Organisation übergeben. Dieses explizite/offizielle Feedback an die Organisation wird primär beschreibend und interpretierend sein, wie dies der grundsätzlichen Ausrichtung von Ethnographie entspricht. Die Beschreibung ergibt sich aus der Wiedergabe und Zusammenfassung der in den Daten enthaltenen Aussagen; die Interpretation beinhaltet das Erkennen und Dokumentieren von Mustern und Konzepten, die aus diesen Daten erwachsen.
Allerdings beinhaltet dieses Feedback implizit auch Potentiale für Veränderungsprozesse. Der Prozeß des Schaffens von Erklärungsrahmen während der ethnographischen Untersuchung beinhaltet die Möglichkeit, organisationsintern über den Status Quo zu reflektieren. Dieses Reflektieren kann mittelbar oder auch unmittelbar Veränderungsprozesse auslösen. So führte im Krankenhaus beispielsweise die dokumentierte Vorgangsweise des Leitbildprozesses dazu, daß Organisationsmitglieder auf einer breiteren Ebene als zuvor eingebunden wurden.
Weiters kann Ethnographie jenen Organisationsmitgliedern eine "Stimme verleihen", die anders wenig Gehör finden. Die Ergebnisse einer ethnographischen Studie können ihre Position stärken, was wiederum zu Veränderungen Anlaß geben kann. Im Krankenhaus waren die Stimmen der Ordensfrauen mit ihren traditionell christlich ausgerichteten Werten der Krankenbetreuung gegenüber den Argumenten der Wirtschaftlichkeit zunehmend in den Hintergrund gedrängt worden. Ich hatte den Eindruck, daß meine Studie dazu betrug, die Vorzüge dieser Werte wiederzuerkennen und zumindest eine teilweise Rückbesinnung auf diese zu initiieren. Es waren ja gerade diese Werte der "Nächstenliebe" und "Menschlichkeit" gewesen, die das Krankenhaus von weltlichen Häusern unterschied und es bei den PatientInnen so populär machte.
Somit kann Ethnographie als ein Auslöser einer Form von Beratung gesehen werden, insbesondere wenn man Beratung als Impulse versteht, die eine Reflexion über bestehende Annahmen, Werte und Verhaltensweisen und die potentielle Veränderung dieser möglich machen.
Zunächst ist es gut denkbar, Ethnographie explizit in die erste Phase eines Beratungsprozesses einzubauen (Szabo, 2000). Beispielsweise ist dies in Abbildung 3 anhand des klassischen Lewin‘schen Modells dargestellt: Ethnographie kann insbesondere bei der Diagnose, Planung und Vorbereitung von Veränderungsprozessen eingesetzt werden.
Abbildung 3: Modell der Aktionsforschung von Lewin (1946)
(Entnommen und ergänzt aus Dickens & Watkins, 1999)
Ethnographie wird in diesem Fall bewußt eingesetzt, damit intendierte Veränderungsprozesse den Bedeutungsystemen der Betroffenen nicht zuwiderlaufen und im Idealfall auf diesen aufbauen. An die Diagnose, die somit einem ethnographischen Forschungsprojekt ähnelt, schließt dann die Umsetzung der sich aus der Analyse ergebenden Gestaltungsvorschläge an (Ausführung, Beobachten und Analysieren, Reflexion und gegebenenfalls neuer Durchlauf).
Dies ist das explizite Einbeziehen von Ethnographie in den Beratungsprozess. Nun ist es allerdings in guten Beratungsituationen verschiedenster "Schulen" so, insbesondere wenn das "Innenleben der Organisation" betroffen ist, daß ethnographische Prinzipien auch implizit zum Einsatz kommen. Sehen wir uns einige dieser Prinzipien näher an:
Während traditionelle Ethnographie einer Einbahnstrasse in Richtung ForscherInnen entspricht, stellt Beratung im klassischen Sinne eine Einbahnstrasse Richtung Organisation dar. Eine alternative Betrachtungsweise, wie in den vorangegangenen beiden Abschnitten dargestellt, zeigt auf, daß es sich sowohl in der Ethnographie als auch in der Beratung eher um Straßen mit zwei Richtungsfahrbahnen handelt. Ethnographische ForscherInnen leisten immer auch implizite Beratungsarbeit oder legen zumindest den Grundstein dafür; gute BeraterInnen folgen implizit Prinzipien, die in der Ethnographie zentrale Gültigkeit besitzen.
Somit sind die eingangs aufgezeigten Gegensätze zwischen Ethnographie und Beratung (vgl. Abbildung 1) unter Umständen nicht so zentral, als sie auf den ersten Blick erscheinen mögen. Wenn nun also diese impliziten Prozesse ohnedies existieren, warum sollten sie dann nicht auch aus ihrer Implizitheit herausgehoben und bewußt eingesetzt werden können. Dabei ist es nicht so, daß BeraterInnen Ethnographie zum allein gültigen Beratungsprinzip erheben müssen, um deren Vorteile nutzen zu können. Und ethnographische ForscherInnen müssen sich nicht notwendigerweise als professionale Beratungsteams definieren, um mit den sowieso existenten Phänomenen umgehen zu können. Es geht mir eher um eine Bewußtmachung, daß die beiden Welten nicht so weit voneinander entfernt sind, wie es den Anschein hat. Mit diesem Bewußtsein können gegenseitige Berührungsängste verringert werden und im metaphorischen Sinne könnte man jetzt nicht mehr nur von Straßen mit einer oder zwei Richtungsfahrbahnen sprechen, sondern von Straßen, die zu Kreuzungen führen, an denen die Menschen (ForscherInnen, BeraterInnen, und Organisationsmitglieder) anhalten können, miteinander sprechen, sich austauschen, voneinander und miteinander lernen.
Dieser gemeinsame Lernprozeß korrespondiert mit der grundlegenden Annahme, daß Veränderung weder rein durch von außen kommende Personen (ForscherInnen oder BeraterInnen) noch durch Organisationsmitglieder alleine bewerkstelligt werden kann: Ersteren mangelt es an lokalem Wissen, was die Gefahr in sich birgt, Theorien und Modelle undifferenziert in die Organisation zu "importieren" (Beratung) oder Interpretationen nicht aus einem Systemverständnis heraus vorzunehmen (Forschung); zweitere sind möglicherweise in einer Innensicht verhaftet, die ihnen den Blick aufs Ganze verwehrt. Erst das Zusammenwirken beider Gruppen (ForscherInnen/BeraterInnen und Organisationsmitglieder) ermöglicht ein fruchtbares Ergebnis.
Als abschließendes Beispiel, das ansatzweise in diese Richtung geht, möchte ich kurz nochmals aus meiner eigenen Tätigkeit berichten. Ich führe zur Zeit in Hinblick auf meine Habilitation eine Studie zum Thema "Partizipation an Führungsentscheidungen im internationalen Vergleich" durch, und zwar in acht europäischen Ländern. Es handelt sich dabei um eine gemischt quantitativ/qualitative Studie, deren zentralen Kern ethnographische Interviews mit Führungskräften in diesen Ländern bilden. Die Methodik erfordert seitens der teilnehmenden Führungskräfte einen relativ intensiven Zeiteinsatz. Um ihnen einen Anreiz zur Teilnahme zu bieten, habe ich ein Design entwickelt, das ein wechselseitiges Datenerheben und Feedbackgeben beinhaltet. So werden z.B. die Ergebnisse der Fragebögen an die ManagerInnen zurückgespiegelt: Sie sehen ihre eigenen Ergebnisse im Vergleich zu den Durchschnittswerten einer größeren Gruppe von Führungskräften ihres Landes, und auch die Tendenzen innerhalb ihres eigenen Landes im Vergleich zu anderen Ländern. Während der abschließenden qualitativen Interviews (durchschnittliche Dauer 90 min) besteht die (von mir gewollte und geförderte) Möglichkeit, über die Ergebnisse zu reflektieren, diese zu diskutieren, Beispiele aus der eigenen Erfahrung einzubringen und diese in Zusammenhang mit den Daten zu setzen.
Das Beispiel zeigt, daß es sich hier nicht um eine klassische Beratungssituation handelt (im Sinne einer Intervention in einer Organisation), denn die Führungskräfte kommen aus den verschiedensten Organisationen. Allerdings beinhaltet der Ablauf einen Aspekt von individueller Beratung/Coaching, nicht in dem Sinne, daß den Führungskräften gesagt wird, was sie tun sollen, sondern wie sie ihre eigenen Daten interpretieren können, im weitesten Sinne also "Hilfe zur Selbsthilfe". Und ganz offensichtlich findet hier ein Wissenstransfer in beide Richtungen statt, und sehr oft auch ein gemeinsamer Lernprozeß, der mir als Forscherin hilft, länderspezifische Phänomene besser verstehen zu lernen, während er für die Führungskräfte dazu beiträgt, sich ihrer eigenen Annahmen und Verhaltensweisen bewußter zu werden, um diese im interkulturellen Umgang besser einsetzen zu können.